Allgemeine sprachliche Regeln zu den Zeitformen
Wer auf Deutsch schreibt, muss sich im Vergleich zu anderen europäischen Sprachen um die Zeiten und allgemein um die Formen der Tätigkeitswörter verhältnismäßig wenig Gedanken machen.
Oft verwenden Menschen, deren Muttersprache Deutsch ist, ohnehin intuitiv die richtigen Zeiten. Beim Schreiben wissenschaftlicher Texte gelten aber strengere Regeln als in der gesprochenen Sprache. So wird gewährleistet, dass Texte hinreichend klar sind.
In diesem Artikel zeigen wir, welche Regeln die relevantesten sind. Wenn du sie beachtest, werden dir bei den Zeitformen kaum Fehler unterlaufen.
Die Vorzeitigkeit
Wenn ein Ereignis unmittelbar vor einem anderen stattgefunden hat, sollte in der Regel eine perfektive Zeitform verwendet werden:
- Er hat gegessen, nun geht er schlafen.
- Die Burg war gefallen, die Schlacht endete bald darauf.
Die Konjunktion nachdem drückt stets Vorzeitigkeit aus. Das sollten auch die Zeiten widerspiegeln:
Nachdem Barack Obama Präsident geworden war (nicht: wurde), lächelte er Michelle an.
Darstellung von Allgemeingültigem
Was gültig war, ist und auf absehbare Zeit bleibt, wird im Deutschen in der Gegenwartsform (Präsens) dargestellt.
Das trifft auch auf Studien und Forschungsergebnisse zu, die bislang noch nicht widerlegt worden und nicht überholt sind. Es wäre zum Beispiel unsinnig, einen Satz wie den folgenden in der Vergangenheitsform zu schreiben, weil dies suggerierte, die Aussage habe nur in der Vergangenheit zugetroffen. Daher lautet die korrekte Variante:
Auch weniger spektakuläre Erkenntnisse werden in der Gegenwartsform wiedergegeben, sofern sie den aktuellen Forschungsstand darstellen.
Übrigens wird in der Regel auch darauf verzichtet, solche unstrittigen Ergebnisse in der umständlichen indirekten Rede (es gebe, er sei, …) vorzustellen, da sie ähnlich wie Fakten behandelt werden.
Wenn allerdings die konkrete Forschertätigkeit beschrieben wird, muss auf eine Vergangenheitsform ausgewichen werden:
Ein geschickter Autor vermeidet dabei verwirrende Sprünge zwischen Zeitformen in einem Textabschnitt, indem er geeignete Tätigkeitswörter wählt:
Die Vergangenheit mit Bezug zur Gegenwart
Wenn ein Ereignis oder eine Handlung in der Vergangenheit erfolgte, sich aber deutlich auf die Gegenwart auswirkt, kann im Deutschen nicht das Präteritum (Imperfekt, Mitvergangenheit) verwendet werden. Stattdessen kommt das Perfekt zum Einsatz:
Analog werden auch Forschungsarbeiten im Perfekt dargestellt, wenn ihre Ergebnisse sich insofern auf die Gegenwart auswirken, als sie weiterhin gültig sind:
Einheitlichkeit der Zeiten
Schließlich solltest du darauf achten, die Zeiten einheitlich zu verwenden. Wie eingangs erwähnt können die Zeiten im Deutschen oft frei gewählt werden.
So ist es möglich, eine historische Entwicklung im Präteritum oder in der Gegenwartsform (historisches Präsens) wiederzugeben. Bitte vermeide aber Sprünge zwischen den Zeiten:
Es kann dir helfen, dir für einzelne Kapitel eine Zeiten-Checkliste aufzuschreiben, in der du festlegst, wofür du welche Zeitform einsetzen möchtest. So brauchst du beim Schreiben nicht immer wieder von Neuem darüber nachzudenken.
Das könnte für ein Kapitel mit theoretischen Grundlagen etwa so aussehen:
- Historische Hintergründe: Präteritum
- Entwicklung der Forschung zum Thema: Präteritum
- Gültige Forschungsergebnisse: Gegenwartsform
- Eigene Schlüsse, Darstellung von Zusammenhängen: Gegenwartsform
Wenn du dir unsicher bist, welche Zeitform du in einem Satz verwenden solltest, kannst du nun einfach überlegen, in welche Kategorie er fällt oder unsere Rechtschreibprüfung online benutzen.
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